Tandems im Dialog
Die Tandems haben mit ihrer Leitfunktion nicht nur die Verantwortung für die Gruppen, sondern sind auch maßgeblich für die Weiterbildung und die Sensibilität der Lerninhalte verantwortlich. Sie bereiten die Stunden vor, müssen Lehrräume, Equipment oder Themen der Stunden koordinieren und organisieren. Somit haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, auch die Erlebnisse der jeweiligen Teamerinnen in Form von Interviews in unserem Bericht reflektieren zu lassen.
An der Leonore-Goldschmidt-Schule Hannover-Mühlenberg unterrichten Antonia Kohrs, 28 Jahre alt und Studentin im fünften Mastersemester, sowie Hannah Braband, 32 Jahre alt und Studentin im dritten Bachelorsemester; beide studieren darstellendes Spiel und Deutsch auf Lehramt an der Leibniz Universität Hannover.
Hannah Braband & Antonia Kohrs von der Leonore-Goldschmidt-Schule Hannover-Mühlenberg
Wie seid ihr auf das Projekt #sprachlernendesspiel aufmerksam geworden und warum habt ihr euch bei dem Projekt beworben? Was muss man dafür mitbringen?
Hannah: Das Projekt wurde bei uns im Studiengang ausgeschrieben, und es gibt viele positive Stimmen bei uns im Studiengang dazu. Aber insbesondere die Abschlusspräsentation des vorigen Durchlaufs hat uns so sehr begeistert und noch mehr motiviert, an diesem einmaligen Projekt teilzunehmen.
Antonia: #sprachlernendesspiel bietet auf so vielen Ebenen wichtige Erfahrungen für den Lehrerberuf. Neben Lust und Freude ist es wichtig, dass man dem Projekt mit viel Motivation und Offenheit begegnet und keine Scheu vor Sprachbarrieren hat.
Wie lange seid ihr schon dabei? Habt ihr bereits irgendwelche Vorerfahrungen in diesem Bereich gesammelt?
Antonia: Wir arbeiten in dem Projekt seit September 2019. Ich selbst durfte bereits Erfahrungen mit Flüchtlingsfamilien sammeln, indem ich bei der Gestaltung und Durchführung von Theaterworkshops mitgewirkt habe.
Welchen Mehrwert gibt euch das Projekt?
Hannah: Der Mehrwert ist in erster Linie das Miteinander. Uns begeistert es, wie die Schülerinnen und Schüler miteinander wachsen und trotz einiger Widerstände mit so viel Offenheit den neuen Herausforderungen begegnen. Auch die zunehmende Freude an fremden theaterästhetischen Prinzipien begeistert uns, sodass wir gemeinsam viele besondere Momente kreieren.
Und wie ist die Gruppenkonstellation?
Antonia: Wir haben zwölf Schülerinnen und Schüler mit einer Altersspanne von zwölf bis siebzehn Jahren. Sie stammen aus Indien, Pakistan, Irak, Iran, Syrien, Polen, Mexiko, Italien und Ghana. Eine wirklich tolle Gruppe, mit der wir viel Spaß haben.
Was macht das Projekt so interessant und herausfordernd?
Antonia: In erster Linie sind die Sprachbarrieren eine Herausforderung. Einfachste Anweisungen brauchen mehr Zeit als üblich. Als Spielleitung ist es daher wichtig, sehr aufmerksam und flexibel zu sein. Die Schülerinnen und Schüler helfen sich aber auch gegenseitig bei Verständnisfragen, und wenn Hände und Füße nicht mehr reichen, müssen wir auf die englische Sprache zurückgreifen. Es ist beeindruckend, wie fit hier alle Kinder der Sprachlerngruppe sind. Aber auch die breite Altersspanne war für uns zu Beginn des Projektes etwas schwierig, und wir mussten im Prozess lernen, alle Altersgruppen in unseren Unterrichtsstunden mitzunehmen.
Hannah: Zudem kommt es manchmal zu einer leichten Fluktuation. Einige Schülerinnen und Schüler sind sprachlich und inhaltlich nun so weit, dass sie die Regelklassen besuchen können und somit das Projekt und die Sprachlernklasse verlassen. Das sind traurige Momente, weil man sich als Gruppe gefunden hat und nun ein Mitglied gehen muss. Gleichzeitig kommen auch neue Kinder hinzu. Das heißt, es entstehen immer wieder neue Gruppendynamiken, welche zwar relativ herausfordernd für die inhaltliche Arbeit sind, jedoch für Spannung und Erfahrungsreichtum sorgen, da neuer Input erfolgt und wir weiterhin wachsen.
Welcher Moment blieb euch besonders im Gedächtnis?
Antonia: Das Bergfest war für uns alle, sowohl für die Spielleitung als auch für die Schülerinnen und Schüler, ein besonderer Tag. Denn hier trafen alle Gruppen aufeinander. Es gab schöne Momente beim gemeinsamen „Schnick-schnack-schnuck-Contest“, bei der „großen Weltlandkarte“, bei den theatralen Präsentationen einzelner Gruppen und beim großen internationalen Buffet, welches die Schülerinnen und Schüler sowie Eltern selbst zubereiteten und mit traditionellen Gerichten bereichert haben. Das war wirklich toll und hat einen guten Motivationsschub für unsere große Abschlusspräsentation im Mai gegeben.
Hannah: Dieses Lächeln, wenn die Kinder sich überwunden haben, die Bühne zu betreten und ihre Erarbeitung zu präsentieren. Sobald sie es geschafft haben und der Applaus erfolgt, erscheint bei allen dieses ganz besondere, stolze Lächeln. So kitschig es klingen mag, da geht einem jedes Mal das Herz auf.
An der Leonore-Goldschmidt-Schule Hannover-Mühlenberg unterrichten Antonia Kohrs, 28 Jahre alt und Studentin im fünften Mastersemester, sowie Hannah Braband, 32 Jahre alt und Studentin im dritten Bachelorsemester; beide studieren darstellendes Spiel und Deutsch auf Lehramt an der Leibniz Universität Hannover.
Carola Lüking & Paula Rave von der Ernst-Reuter-Schule Pattensen
Wie seid ihr auf das Projekt #sprachlernendesspiel aufmerksam geworden und warum habt ihr euch bei dem Projekt beworben? Was muss man dafür mitbringen?
Paula: Durch Berichte von anderen Studierenden, die bereits mitgemacht hatten, wurde mein Interesse geweckt und ich habe mich beworben. Ich denke, man sollte eine gewisse Offenheit mitbringen und Freude daran haben, mit neuen Gruppen zu arbeiten. Außerdem macht es sehr viel Spaß, die Fortschritte und Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler mitzuverfolgen und eigene kreative Impulse aus der Gruppe zu erhalten.
Carola: Ich habe mich beim Projekt beworben, um praktische Erfahrungen zu sammeln und mich in der Rolle als anleitende Theaterpädagogin im schulischen Kontext ausprobieren zu können. Mich hat am meisten überrascht, wie schwer es mir selbst am Anfang fiel, deutsche Sätze zu formulieren, die einfach zu verstehen, grammatikalisch korrekt und klar strukturiert sind. Es ist wichtig, dass ich ganz klar beschreiben kann, was ich von den Schülerinnen und Schülern möchte. Das setzt eine gute Organisation und eine strukturierte Arbeitsweise voraus.
Wie lange seid ihr schon dabei? Habt ihr bereits irgendwelche Vorerfahrungen in diesem Bereich gesammelt?
Carola: Ich bin jetzt zum zweiten Mal im Projekt #sprachlernendesspiel dabei. 2017 wurde im Fach darstellendes Spiel ein Seminar zum Thema „Theaterpädagogische Methoden für Sprachunterricht und transkulturelle Begegnung“ angeboten. Durch das Projekt hatte ich die Möglichkeit, meine beiden Unterrichtsfächer miteinander zu verbinden und das in der Theorie gelernte Wissen praktisch anzuwenden und zu vertiefen. Ich habe schon einige Workshops und mehrere Theaterprojekte selbst angeleitet, aber die Arbeit mit einer Sprachlernklasse bringt immer völlig neue Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich.
Paula: Für mich ist das der erste Durchlauf von #sprachlernendesspiel, und ich bin seit Herbst 2019 Teil des Projekts. Ich habe bisher nur als Seminarassistenz bei Vorbereitungsseminaren für Freiwilligendienste mitgewirkt sowie zweimal einen Einführungsworkshop zum Thema Gender und intersektionaler Feminismus gegeben.
Welchen Mehrwert gibt euch das Projekt?
Paula: Zunächst kann ich durch das Projekt erste Erfahrungen im Anleiten einer Gruppe sammeln und meine fachlichen und persönlichen Kompetenzen erweitern. Den größten Mehrwert gibt mir aber die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern selbst. Inzwischen haben alle ihren Platz in der Gruppe gefunden und bringen ihre Ideen und Impulse ein. Besonders schön ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler inzwischen ein gewisses Vertrauen zu uns Anleiterinnen aufgebaut haben und persönliche Dinge mit uns teilen.
Carola: Es ist schön, dass wir sehr eigenständig sind und den Unterricht frei planen können. Das gibt uns Platz zum Ausprobieren von neuen Methoden, und wir können auf die Ideen und Interessen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Bis zum Abschluss des Projekts im Mai möchten wir mit der Gruppe zum Beispiel einmal ins Theater gehen und haben auch noch einige spannende Proben vor uns.
„Diese Magie des Theaters und die gelöste Stimmung der Gruppe werde ich sicher nicht so schnell vergessen.“
Und wie ist die Gruppenkonstellation?
Carola: Die Gruppe besteht inzwischen aus 14 Schülerinnen und Schülern, die zwischen zehn und neunzehn Jahre alt sind. Sie besuchen die fünften und sechsten sowie die neunten und zehnten Klassen im Gymnasial- und Realschulzug. Sie sind zwischen sieben Jahren und fünf Monaten in Deutschland, sprechen neben Deutsch auch Persisch, Arabisch, Lettisch, Kurdisch, Dari, Türkisch, Farsi, Albanisch und Englisch und kommen aus Afghanistan, Iran, Irak, Syrien, Türkei, Albanien, Lettland und den USA.
Was macht das Projekt so interessant und herausfordernd?
Paula: #sprachlernendesspiel stellt eine alternative Form von Sprachvermittlung dar, bei der das Erlernen der deutschen Sprache in Verbindung mit theatralen Spiel- und Probenmöglichkeiten nachhaltiger und in gewisser Weise ermutigender stattfinden kann als im regulären Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler vertiefen nebenbei ihre Sozial- und Kommunikationskompetenz und werden idealerweise in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt. Das Sprachniveau ist in unserer Klasse schon ziemlich hoch und es gibt kaum Verständnisschwierigkeiten. Wir halten es für wichtig, eigene Denkweisen und Arbeitsstrukturen immer wieder zu hinterfragen und sich der eigenen Rolle als anleitende – und nicht von Rassismus betroffene – Person und der damit verbundenen Verantwortung bewusst zu sein.
Welcher Moment blieb euch besonders im Gedächtnis?
Paula: Besonders gern erinnere ich mich an eine Unterrichtsstunde zurück, in der wir kleine Gruppenarbeiten gemacht haben, in denen die Schülerinnen und Schüler kurze Choreografien anhand von Bildkarten erarbeiten sollten. Schließlich führten alle Gruppen ihre Ergebnisse vor, und am Ende kombinierten wir alle Gruppen miteinander, sodass ein schönes Bild entstand und die gesamte Gruppe auf der Bühne harmonierte.
Carola: Letzte Woche gab es ein Treffen mit allen Sprachlernklassen, die im Projekt #sprachlernendesspiel mitarbeiten. Alle Gruppen bekamen im Vorfeld dieses Projekttages die Aufgabe, eine kurze Szene zu erarbeiten, mit der sich die Gruppen auf der Bühne vorstellen sollten. Wir haben unsere Szene morgens auf dem Hinweg gemeinsam an der Bushaltestelle geübt und ein paar neugierige Blicke von wartenden Passanten geerntet. Zuerst waren die Schülerinnen und Schüler noch verunsichert, aber dann wurden sie so sicher und selbstbewusst, dass ihnen der anschließende Auftritt vor dem Publikum kaum Schwierigkeiten bereitete. Begleitet vom Applaus der anderen Gruppen kamen sie lächelnd von der Bühne und waren alle ein paar Zentimeter gewachsen. Diese Magie des Theaters und die gelöste Stimmung der Gruppe werde ich sicher nicht so schnell vergessen.