Sport und Integration

#sprachlernendesspiel

Spielerisch durch den Alltag


Die acht Finger stehen für die Uhrzeit: Ein Junge erzählt von
seinem Alltag in seinem Heimatland

Alle zwölf Kinder haben sich im Kreis versammelt und warten nun, bis die ersten Klänge der Musik ertönen. Einige Kinder schauen sich an und fangen sofort an zu lachen. Jeder weiß ganz genau, was als Nächstes passiert. Ein aufgeweckter Junge ist als Erstes an der Reihe. Er tritt vor und führt eine Tanzbewegung aus. Alle anderen Kinder verfolgen begeistert seine Bewegungen und stellen seinen Tanz nach. Sie sind fröhlich, lachen und zeigen kaum Hemmungen. Man erkennt auf den ersten Blick, dass die Gruppe der Leonore-Goldschmidt-Schule Hannover-Mühlenberg unheimlich viel Spaß an der Sache hat.

Nur was ist die „Sache“? Was wird durch das Projekt #sprachlernendesspiel bewirkt? Das Tandem, bestehend aus Antonia und Hannah, die beide darstellendes Spiel an der Leibniz Universität Hannover studieren, begleitet und leitet die Gruppe aus zwölf Kindern seit September 2019. Kinder und Jugendliche aus Indien, Pakistan, Irak, Iran, Syrien, Polen, Mexiko, Italien und Ghana treffen sich einmal wöchentlich und versuchen, durch Tanz, Gestik und viel Kommunikation die deutsche Sprache besser zu verstehen und zu lernen. Denn durch das besondere Miteinander werden die Kinder für das bessere Verständnis sensibilisiert und bekommen durch das Projekt eine andere Perspektive auf das Lernen.

Es ist einfach anders als im Klassenraum. Keine Sitzordnung, kein stilles Lesen oder Schreiben, keiner, der sich allein mit den Aufgaben befassen muss. Die Kinder müssen sich nicht verstellen und können sich freier bewegen als im Unterricht üblich. Nur eines wird deutlich: ein respektvoller Umgang. Jeder hilft jedem, ob die Älteren den Jüngeren, ob die Mädchen den Jungen oder umgekehrt. Wenn aber die sprachlichen Barrieren doch mal nicht überwunden werden können, spricht man untereinander Englisch. Schließlich sind die Kinder erst seit kurzer Zeit in Deutschland. Aber sprachliche Barrieren überwinden? Etwa Deutsch lernen durch Spiel und Spaß? Die Antwort auf die Fragen lautet klar: Ja!

„Nun sind die Kinder dran. Jedes einzelne muss nun nacheinander die Aufgabe meistern und wird hierfür von der gesamten Gruppe jubelnd und klatschend ermutigt.“

Denn die Teamerinnen wie Antonia und Hannah sorgen dafür, dass die Kinder im richtigen Maß gefordert werden. In dieser Nachmittagsstunde lautet die Aufgabe: „Schreibt einen typischen Tagesablauf in eurer Heimat in eurer Muttersprache“ – zusätzlich sollen die Kinder ihre Texte mit Händen, Füßen und über die Mimik so vortragen, dass alle anderen sie verstehen können.

Nun sind die Kinder dran. Jedes einzelne muss nun nacheinander die Aufgabe meistern und wird hierfür von der gesamten Gruppe jubelnd und klatschend ermutigt. Der kleine Junge tritt vor und beginnt mit der Aufgabe. Er erzählt von seinem Alltag in seiner indischen Heimat: Er stand morgens auf, putzte sich die Zähne, frühstückte mit seinen Eltern und fuhr zur Schule. Am Nachmittag wurden die Hausaufgaben gemacht. Wenn er fertig war, spielte er mit seinen Geschwistern, und am Abend bereitete er sich auf das Bett vor. Und bevor er einschlief, betete er. Schmunzelnd erklärt er, dass er hoffte, am nächsten Tag nicht in die Schule gehen zu müssen.

Die Kinder lachen und klatschen. Die Stimmung ist wie immer sehr fröhlich und positiv. Wie die anderen Kinder ist auch der Junge noch nicht lange in Deutschland, und wenn es mal schwierig mit dem Erklären wird, hilft man sich untereinander weiter. Wichtige Grundpfeiler unserer Gesellschaft wie Toleranz und Nächstenliebe erreichen insbesondere hier, in dieser kleinen Gruppe, ihre volle Wirksamkeit. Durch das abwechslungsreiche Spielen und die Aufgaben lernen die Kinder nicht nur ihre ersten Grundlagen der Alltagskommunikation, sondern verbessern zusätzlich auch die neue Sprache. Denn jede:r Einzelne ist motiviert und gewillt mitzumachen.

Ein sogenanntes Abschlussritual bringt die Kinder noch einmal zusammen. Sie bilden einen Kreis, bewegen sich aufeinander zu und schreien ihre Emotionen heraus. Lachend verlässt jeder den Kreis, sammelt seine Schulsachen ein und geht nach Hause. Ein weiterer erfolgreicher Tag von #sprachlernendesspiel geht zu Ende.


Text. Mirco Broers